KIRCHE MIT MIR - Kirchenvorstandswahlen am 11. März 2018
25 Jahre St. Margarethenchor Salzhemmendorf
Salzhemmendorf (gs)
Auf 25 Jahre Vereinsgeschichte kann der St. Margarethenchor in Salzhemmendorf zurückblicken. Dabei begann es klein, nur eine Handvoll Sängerinnen und Sänger traf sich regelmäßig, um gemeinsam in der Musik ihre Freude zum Ausdruck zu bringen. Mittlerweile hat sich die Zahl der Aktiven auf 34 erhöht, das Repertoire wurde größer und anspruchsvoller. Nun haben die Verantwortlichen die Initiative ergriffen, ihr Können bei einem musikalischen Gottesdienst in der St. Margarethenkirche unter Beweis zu stellen.
Und damit lagen sie goldrichtig, denn zu diesem Gottesdienst war die Salzhemmendorfer Kirche so gut besucht, wie eigentlich sonst nur zu Weihnachten. Chorleiter Henning Renner, der seit 16 Jahren hier der Leiter ist, hat dann auch ein buntes Programm zusammengestellt. Er hatte im Vorfeld versprochen: „Es wird ein breit gefächertes Repertoire geben. Unter anderem wird der klassische Teil mit dem Missa breve, und Werken von Bach und Schütz abgedeckt. Aber auch modernes ist dabei. ´Das Kompliment´ von den Sportfreunden Stiller gehört dazu, das Halleluja` von Milk &Honey ist dabei und Gospels sind vorgesehen“, - und er hielt Wort.
Zum Ende des Gottesdienstes gab es dann noch eine Überraschung. Der Chor zeigte, dass er nicht nur Singen kann, sondern auch die verschiedensten Instrumente beherrscht. Mit dem "Ländler" verbreiteten sie sogar etwas Oktoberfest-Stimmung in der Kirche. Für gute Laune sorgte auch ein Duett mit dem Lied: „Ein Loch ist im Eimer“ und erntete dafür viel Applaus. Beim abschließenden gemütlichen Beisammensein zogen die Organisatoren, die Sängerinnen und Sänger und auch die zahleichen Besucher ein positives Fazit und meinten: „Solch eine musikalische Veranstaltung kann es ruhig öfter einmal geben“.
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In der orthodoxen Synagoge in London gibt es Applaus für das Stolperstein-Projekt
Gemeindeverband Saaletal erwidert Besuch der Familie Davidson
Salzhemmendorf/London.
Erich Davidson war sechzehn Jahre alt, als er 1939 mit einem der Kindertransporte nach England geschickt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er mit seinen Eltern und einer Cousine in einem Haus in Salzhemmendorf gelebt, das die Schlachterei seines Vaters und die Synagoge der kleinen jüdischen Gemeinschaft beherbergte. Vom Rest seiner Familie getrennt – ihnen gelang später die Flucht nach Argentinien – arbeitete er in England als Farmer, lernte seine spätere Frau Della kennen, gründete eine Familie und bekam drei Kinder.
Er kehrte nie wieder nach Deutschland zurück. Doch seine drei erwachsenen Kinder waren dabei, als im April 2016 im Gemeindeverband Saaletal 18 Stolpersteine verlegt wurden, um an Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. Jetzt hat eine Gruppe aus dem Gemeindeverband den Besuch erwidert und ist nach London gereist.
Andrea Gärtner war vierzehn Jahre alt, als sie das erste Mal die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Dachau besuchte. Während sie schockiert war über die Grausamkeiten, die in ihrem Land geschehen waren, standen zur gleichen Zeit andere Jugendliche in Bomberjacken und Springerstiefeln dort und grölten dumpfe Parolen.
Andrea Gärtner arbeitet heute als Diakonin im Gemeindeverband Saaletal und hat es sich zur Aufgabe gemacht, den KonfirmandInnen und anderen Jugendlichen in ihren Gemeinden die erschreckende deutsche Vergangenheit bewusst zu machen. Seit 2007 besucht sie mit Konfirmandengruppen Häuser in Salzhemmendorf, in denen früher jüdische Familien gelebt haben und erzählt von deren Schicksalen. Dazu gehört auch das Schicksal der Familie Davidson, für die Trennung der einzige Weg war, ihr Leben zu retten.
Im vergangenen Jahr wurden im Rahmen solcher Konfirmandenprojekte Stolpersteine verlegt. Diakonin Gärtner und Pastorin Sabine Ahlbrecht aus Lauenstein, die mittlerweile das Projekt ebenfalls begleitet, nutzten die recherchierten Fakten des Historikers Bernhard Gelderblom, sammelten Spenden in den Orten und luden den Künstler Gunter Demnig ein. Außerdem schrieben sie nach London an die drei heute erwachsenen Kinder von Erich Davidson und luden sie ein, bei der Verlegung dabei zu sein.
Marion, Melvyn und Beverly standen neben den Jugendlichen, die diesen Tag vorbereitet und begleitet haben, als die Steine für ihre Verwandten ins Pflaster gelegt wurden. Im Anschluss luden sie zum Gegenbesuch nach London ein.
Dieser Einladung ist nun eine kleine Delegation aus dem Saaletal gefolgt. Die Mitglieder der Familie Davidson hatten gemeinsam mit Diakonin Gärtner und Pastorin Ahlbrecht ein Programm für Mitglieder des Jugendmitarbeiterkreises und weitere interessierte junge Erwachsene in der britischen Hauptstadt vorbereitet, um das jüdische Leben dort kennenzulernen.
Dazu gehörten eine Führung durch das alte jüdische Viertel „East End“ mit der ältesten englischen Synagoge Bevis Marks von 1701, der Besuch bei World Jewish Relief – einer Organisation, die maßgeblich an der Durchführung der Kindertransporte beteiligt war - und eine Einladung zum Tee, bei er auch andere jüdische Gemeindeglieder zum Gespräch geladen waren. Das eigentliche Highlight aber war die Einladung zur Sabbatfeier in einer orthodoxen Synagoge, zu deren Gemeinschaft einige Mitglieder der Familie Davidson gehören.
Die kleine christliche Gruppe war aufgefordert, von dem Projekt der Stolpersteinverlegung in Salzhemmendorf zu berichten. So standen schließlich Diakonin Gärtner, Pastorin Ahlbrecht und die Jugendmitarbeiterin Nicole Winckler vor dem Schrein, in dem die Thorarollen kurz zuvor wieder liebevoll und feierlich verstaut worden waren, und erzählten von ihrer Arbeit in den deutschen Dörfern. Die knapp 150 jüdischen Männer und noch einmal etwa 50 jüdischen Frauen hinter den Absperrungen, die während der Sabbatfeier oft und viel geschwatzt hatten, lauschten gebannt und schweigend den Ausführungen.
Nicht nur, dass das Projekt der Stolpersteine ihnen bis dahin gänzlich unbekannt war. Dass eine Gruppe Christen und Christinnen, die mit der Geschichte der Juden eigentlich nichts zu tun haben, sich derart um sie bemühen, stieß auf Erstaunen, Freude und Hochachtung. So erhoben sich die Juden klatschend nach dem Vortrag und viele von ihnen kamen beim anschließenden Kaffeetrinken auf die kleine Reisegruppe zu, um sich zu bedanken oder nach Details zu fragen.
Alle Beteiligten erlebten diesen Tag, die Begegnungen und Erzählungen als besonders intensiv und emotional. Tränen der Rührung flossen und das Versprechen, in Kontakt zu bleiben und die gegenseitigen Besuche weiter zu pflegen, wurde mehrfach ausgesprochen.
Natürlich standen bei der kleinen Gruppe aus dem Saaletal auch ein deutscher Gottesdienst, ein Besuch der St. Pauls Cathedral und diverse touristische Attraktionen, wie eine Theatervorstellung im West End, eine London-by-night-Bustour oder ein Einkaufsbummel auf dem Camden Lock Market auf dem Programm. Doch waren sich am Ende alle einig: die Zeit mit der Familie Davidson, das herzliche Willkommen in der jüdischen Gemeinschaft und die besonderen Privilegien, die der Gruppe zuteilwurden, werden allen lange im Gedächtnis bleiben und schüren schon jetzt die Sehnsucht nach einer Wiederholung.
Bilder:
Die Besucher und Besucherinnen aus dem Gemeindeverband Saaletal genossen wie hier im Hyde Park die touristischen Sehenswürdigkeiten Londons, doch die Begegnung mit der jüdischen Gemeinde berührte alle am meisten.
Bei einer Begegnung zum Tee war für die Gäste aus dem Saaletal Gelegenheit zum Gespräch mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde.
Text und Fotos: Andrea Gärtner
























Konfitreff in der Passionszeit

Ich wünsche Euch Träume ohne Ende.
Am 31. Oktober ist Reformationstag
- und im Jahr 2017 jährt sich Luthers Thesenanschlag zum 500. Mal.
Landauf, landab ist das Reformationsjubiläum in aller Munde und auch im Gemeindeverband Saaletal wurde in diesem Jahr ein besonderer Gottesdienst zum Reformationstag gefeiert. Jugendmitarbeitende haben ihn gemeinsam mit Diakonin Andrea Gärtner vorbereitet. Die Gottesdienstbesucher wurden in einem großen Kaufhaus - eben Luther Reformhaus - begrüßt und eingeladen zu überlegen, was ihnen wirklich wichtig ist im Leben. Auch in gerade in ihrem Leben mit Gott. Dabei war die Überlegung, was Luther wohl heute zu unserer Kirche sagen würde und mit welchen Gottesbildern er sich im Laufe seines Lebens auseinandergesetzt hat, Thema eines Gespräches der Jugendmitarbeiterinnen und Impuls für alle Gottesdienstbesucher.
Letztlich entstand ein großer Einkaufszettel, auf dem sich lesen ließ, was die Menschen sich von Gott und Kirche wünschen.
Hier nur ein paar Beispiel:
Und was brauchen Sie?
Ach so - am 31. Oktober ist ja auch Halloween. Darum gab es für alle Gottesdienstbesucher auch etwas Süßes zum Ausgang. Einen Lutherbonbon :o)
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Ein Ort mit Herz und Seele
Hemmendorf feiert mit Landesbischof Ralf Meister das 850-jährige Bestehen der St.-Vitus-Kirche
Hemmendorf. Eigentlich braucht es zum Christsein keinen speziellen Ort. So brachte es der evangelische Landesbischof Ralf Meister während der Pfingstpredigt in der St. Vitus Kirche in Hemmendorf auf den Punkt: "Und nun sitzen und stehen wir hier an einem kleinen Ort, eine besondere Stelle für viele von Ihnen, an der Sie Herz und Seele einbringen", fuhr Meister fort. Und der besteht seit 850 Jahren: Man sehe den Wandel seit der damaligen Holzkirche, der St.-Vitus-Kapelle, die durch Benediktinermönche erbaut wurde, und man sehe die Geschichte der Menschen, die hier saßen.
Die St. Vitus Kirche war gut gefüllt mit rund 200 Besucherinnen und Besuchern, die der Predigt und der abwechslungsreichen Musik lauschten. Zum Jubiläumsgottesdienst spielten nicht nur Jan Meyer an der Orgel und Theresa Pendorf am Saxophon, sondern es sangen auch zwei Chöre unter der Leitung von Helga Vogt: der St. Vitus-Chor und der St. Margarethenchor mit Henning Renner. Der Posaunenchor Saaletal unter der Leitung von Hartmut Kassel spielte auf der Empore.
Die St. Vitus Kirche ist zu Pfingsten immer ein besonderer Ort der Begegnung, denn es wird seit über zwanzig Jahren ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert: neben Pastorin Sabine Ahlbrecht stand auch Pfarrer Dr. Christian Wirz aus Gronau beim Altar. "Von außen war sie mir bekannt, von innen aber noch nicht", antwortete Landesbischof Ralf Meister auf die Frage, warum er zu Pfingsten nach Hemmendorf kam. Gerade auch in die kleinen Gemeinden reise er sehr gerne, sagte er. Er wohne im Süden von Hannover und sei bei Radtouren schon öfters durch Hemmendorf gefahren, kenne daher die Kirche mit dem großen Wehrturm.
Gut gefüllt war nach dem Festgottesdienst auch das Gemeindehaus der Evangelischen Kirchengemeinde: Einige der Grußworte kamen von ehemaligen Pastoren wie Henning Schüttlöffel oder Vigo Mau, die ihre ersten Stellen in Hemmendorf hatten. Sie erinnerten sich dankbar an ihre ersten Schritte als Pastoren und vor allem an die Menschen ihrer Gemeinde, die sie dabei tatkräftig unterstützt hätten.
Die Geschwister Klaus Steinmetz und Heidi Kramm erzählten aus ihrer Kindheit in Hemmendorf: Ihr Vater, der damalige Superintendent Steinmetz, hatte mit seiner Familie im Pfarrhaus gewohnt. Beide trugen einige heitere Erinnerungen aus der genau 50 Jahre zurückliegenden 800-Jahrfeier der St. Vitus Kirche vor, als die Kirchenangehörigen noch Barette zu den Gottesdiensten trugen.
Dankend nahm Pastorin Sabine Ahlbrecht einige finanzielle Zuwendungen entgegen, die von den Bürgermeistern und der örtlichen Kulturgemeinschaft zum Jubiläum überreicht wurden und vor allem einem besonderen Zweck dienen: der Restaurierung der etwas in die Jahre gekommenen Kirchenorgel. Dafür sind rund 40.000 Euro notwendig – für eine kleine Gemeinde wie Hemmendorf eine hohe Summe.
Hartmut Georgi aus dem Kirchenvorstand zeigte sich dennoch zuversichtlich: "Das ist schon eine besondere Gemeinde hier", betonte er, während er die ersten vollen Geschirrkisten am Buffet abräumte. Er erzählte, wie mit innovativen Ideen und Weitsicht in Hemmendorf schon immer versucht wurde, trotz der kleinen Zahl von nur knapp 475 Gemeindemitgliedern, das Beste aus dem Wenigen zu machen. So habe man vor rund 16 Jahren eine Stiftung ins Leben gerufen, aus der heute im evangelischen Gemeindeverband Saaletal unter anderem Seelsorge, Diakonie, Jugend- und Altenbetreuung oder auch die Kirchenchöre unterstützt werden.
"850 Jahre, das ist kein Kindergeburtstag mehr, sondern der Geburtstag einer altehrwürdigen Dame", sagte Christian Castel, Superintendent des Kirchenkreises Hildesheimer Land-Alfeld, in seinem Grußwort und wünschte der Gemeinde zum Jubiläum alles Gute. Der Festgottesdienst habe ihm sehr gut gefallen: „Ich war überrascht von der musikalischen Fülle und auch über die sehr gute Qualität der Chöre und Instrumentalmusik."
Text und Bilder: Florian Aue
v.l.n.r.: Pastor Tetje Linmer, Landesbischof Ralf Meister, Sabine Ahlbrecht (und Tochter Lea), Kristian Superintendent Christian Castel, Pastor Thomas Müller, Pfarrer Dr. Christian Wirz, Diakonin Andrea Gärtner.
Landesbischof Ralf Meister sprach den Segen am Ende des Pfingstgottesdienstes in der St.-Vitus-Kirche in Hemmendorf.
Superintendent Christian Castel richtet sein Grußwort an die Gemeinde.
Landesbischof Ralf Meister, Pastorin Sabine Ahlbrecht und der Kirchenvorstand verabschiedeten gemeinsam die Gottesdienstbesucher.
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Steine der Erinnerung
18 neue Stolpersteine erinnern in Salzhemmendorf und Hemmendorf an die Verbrechen des Nazi-Regimes.
Salzhemmendorf/Hemmendorf. Das Wetter ist nicht offiziell eingeladen zur Verlegung der Stolpersteine in Salzhemmendorf und Hemmendorf, aber es passt mit seiner sanften Frühlingsluft zur Stimmung, die am Dienstag durch die Straßen der Gemeinde weht. 18 Stolpersteine sollen heute verlegt werden. Sie zeigen Orte, an denen jüdische Familien gewohnt, gearbeitet und gelacht haben. Sie sind ein Mahnmal gegen das Vergessen, eine Erinnerung an die Gräueltaten, die im Nationalsozialismus alltäglich waren.
In der Kampstraße in Salzhemmendorf versammeln sich etwa 100 Menschen um vier auf dem Boden liegende Steine. Die Steine sind 96 mm breit und 96 mm lang. Die Oberfläche ist golden. Auf einer steht geschrieben: „Hier wohnte Erich Davidsohn, geb. 1922, Schutzhaft 1938, Buchenwald, Flucht 1939, England“. Es sind simple Fakten, vom Künstler Gunter Demnig ins Metall eingraviert, in denen die ganze Last eines unfassbaren Verbrechens liegt.
Heute erinnern daran nicht nur die Steine vor der Hausnummer 9, Wohnhaus der Davidsohns und ehemalige Synagoge von Salzhemmendorf, sondern auch die Nachfahren, die aus England und München angereist sind. Melvin Davidson, der Sohn von Erich Davidsohn, ist bei seiner Dankesrede gefasst und angespannt. Er bedankt sich für das freiwillige Engagement der vielen Helfenden und Spendenden. Er und seine beiden Schwestern hätten sich gefühlt, als würden sie in die Vergangenheit zurückversetzt werden, als sie das Haus betreten hätten.
Begleitet wird die Verlegung von 30 KonfirmandInnnen, die über die Schicksale der jüdischen Familien informieren. Die Idee zur Verlegung der Stolpersteine hatte Diakonin Andrea Gärtner. Seit zehn Jahren fährt sie mit KonfirmandInnen regelmäßig zur Gedenkstätte Bergen-Belsen. „Die Verlegung der Steine war der nächst logische Schritt“, erklärt sie, „es gab einen unglaublichen Rückhalt in der Bevölkerung und viele Spendengelder“. Denn Erinnerung ist teuer. Die Verlegung eines Steins kostet 120 Euro. Doch das Geld war schnell eingesammelt.
In ihrer Ansprache erinnert Gärtner daran, wie wichtig es ist, über die Verbrechen der Nationalsozialisten Bescheid zu wissen: „Nur wer etwas weiß über die Willkür und Grausamkeit kann mitfühlen.“ Und sie geht noch einen Schritt weiter, denn es sei auch wichtig, dieses Wissen weiterzugeben, um aktiv an der Verhinderung ähnlicher Verbrechen mitzuarbeiten. „Es ist an uns, die Mitmenschlichkeit zu erhalten“, so Gärtner.
Dann geht es von der Kampstraße zur Hauptstraße 2. Das Rathaus. Früher ein großes jüdisches Warenhaus. Hier werden Steine für Moritz und Gertrud Heilbronn verlegt. Zwölf weitere werden in Hemmendorf verlegt, alle in der Alten Heerstraße. Dass die Steine heute verlegt werden können, ist neben der Initiative von Gunter Demnig auch den umfangreichen Recherchen des Hamelner Historikers Bernhard Gelderblom zu verdanken. Ein ganzes Buch hat er geschrieben über „Die Juden in den Dörfern des Fleckens Salzhemmendorf“. Ihn bestürze, wie ein über Jahrhunderte friedliches Zusammenleben der Religionen „auf schändliche Weise“ zerstört wurde. Die Erinnerung daran müsse am Leben erhalten werden, „denn das kann wieder passieren“.
Melvyn Davidson und seine Schwestern sind extra aus England zur Verlegung angereist.
„Hier wohnte Erich Davidsohn“. Die Steine werden verlegt, um die Erinnerung an jüdische Geschichte und Vergangenheit wach zu halten.
Das Interesse der Bevölkerung ist groß. Etwa 100 Menschen begleiten die Verlegungen in Salzhemmendorf und Hemmendorf.
Der Künstler und Initiator des Stolpersteine-Projekts, Gunter Demnig, setzt die vier Steine in der Kampstraße in den Boden.
Text und Bilder: Christoph Möller
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Familie Davidsohn
In der heutigen Kampstraße 9 in Salzhemmendorf wohnte die Familie Davidsohn und wir haben Stolpersteine für Robert Davidsohn, seine Frau Elfriede, ihren gemeinsamen Sohn Erich und dessen Cousine Juliane Guttmann, die mit im Haushalt lebte, verlegt.
Seit 1875 lebte die Familie Davidsohn in diesem Haus, in dem früher auch die Synagoge war. Schon die Eltern von Robert lebten und arbeiteten hier. Robert war einer von fünf Söhnen. Seine Brüder hießen Max, Siegfried, Friedrich und Wilhelm. Alle Söhne dienten im Ersten Weltkrieg als Soldaten, zwei von ihnen fielen.
Robert, der mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet wurde, blieb als einziger der Söhne in Salzhemmendorf und übernahm die Schlachterei und den Viehhandel seines Vaters.
1921 heiratete er Elfriede, 1922 wurde ihr Sohn Erich geboren. Seit 1927 lebte außerdem eine Tochter von Elfriedes Schwester, Juliane Guttmann mit im Haushalt.
Diskriminierung und Boykotte ließen die Familie Davidsohn bereits 1935 beginnen, ihre Auswanderung zu planen. 1938 wurde Robert Davidsohns Geschäft von den NS-Behörden endgültig geschlossen.
In der Pogromnacht 1938 wurden die Fenster des Synagogenraums eingeworfen und die Inneneinrichtung zertrümmert. Am darauffolgenden Tag wurden Robert und Erich erst ins Gefängnis nach Hameln und von dort ins Konzentrationslager Buchenwald verschleppt.
Elfriede wurde während ihrer Abwesenheit gezwungen, das Haus hier in der Kampstraße zu verkaufen. Sie floh mit Juliane zu einer Schwester nach Hannover.
Erich durfte nach knapp vier Wochen das Lager Buchenwald verlassen, sein Vater folgte etwa eine Woche später. Von Hannover aus bemühte sich die Familie verstärkt um die Auswanderung.
Um ihr Überleben zu sichern, musste die Familie sich allerdings trennen.
Erich durfte im Februar 1939, kurz vor seinem 17. Geburtstag, mit einem Kindertransport das Land in Richtung England verlassen.
Robert, Elfriede und Juliane konnten im Juni dann auch endlich das Land verlassen. Sie fuhren per Schiff nach Argentinien.
Robert Davidsohn starb 1964 ohne seinen Sohn noch einmal getroffen zu haben.
Erich blieb in England, heiratete und bekam drei Kinder. Er starb am 17. April 1998.
Familie Heilbronn
In der heutigen Haupstraße 2 in Salzhemmendorf lebte die Familie Heilbronn. Wir haben Stolpersteine für Moritz Heilbronn und seine Frau Gertrud verlegt. Die Familie Heilbronn kam ursprünglich aus Wallensen. Moritz Heilbronn war 23 Jahre alt, als er hier nach Salzhemmendorf zog und dieses Wohn- und Geschäftshaus baute.
Moritz und Gertrud heirateten 1932.
Das Geschäft der Heilbronns galt den Bürgern in Salzhemmendorf als „fein“ und beschäftigte mehrere Angestellte. Nach 1933 verbot das NS-Regime jüdischen Geschäftsleuten die Anstellung nicht jüdischer Angestellter. Im März 1933 musste Moritz Heilbronn darum einen jüdischen Geschäftsführer einstellen.
Ab 1935 wurde das Geschäft boykottiert. Moritz Heilbronn fuhr daraufhin mit dem Auto über Land, um mit dortigen Verkäufen die Umsatzeinbußen zu kompensieren.
Im Oktober 1935 starb Moritz Heilbronn. Herztod hieß die Diagnose. Viele meinten, er habe die Sorgen und Nöte durch die Verfolgung der damaligen Regierung nicht überstanden.
Seine Witwe Gertrud versuchte mithilfe des jüdischen Geschäftsführers das Geschäft nach dem Tod ihres Mannes weiter zu führen. Es wurde jedoch am 1. Juni 1936 offiziell geschlossen.
Gertrud Heilbronn zog nach Clausthal-Zellerfeld. Ihr Haus wurde zwangsversteigert.
In Clausthal-Zellerfeld führte sie das Geschäft ihrer Mutter weiter und musste dort erleben, wie am 9. November 1938 Nationalsozialisten Ladeneinrichtung, Schaufenster und Schaukästen zerstörten.
1941 gelang ihr schließlich die Ausreise zuerst nach Lissabon und von dort schließlich nach New York.
1942 wurde ihre Mutter ins Warschauer Ghetto deportiert – das blieb ihr selbst zum Glück erspart.
Familie Plaut
In der heutigen Alte Heerstraße 49 in Hemmendorf wohnte Familie Plaut. Wir haben Stolpersteine für Karoline Plaut und ihre Tochter Klara verlegt.
Die Familie Plaut lebte seit 1889 in Hemmendorf. Adolf Plaut und seine Frau Karoline hatten zwei Töchter: Klara und Frieda.
Nach Adolfs Tod im Jahr 1925 führten seine Frau und die unverheiratete Tochter Klara das kleine Textilgeschäft weiter.
Frieda lebte mit ihrem Mann in Barsinghausen und starb bereits 1926.
In der Pogromnacht des 9. November 1938 wurde das Geschäft der Familie Plaut Ziel von Anschlägen. Nach der Pogromnacht drängten die Behörden mehr denn je auf Auswanderung. Juden durften keine Läden mehr führen und mussten Haus- und Grundbesitz verkaufen.
Seit Oktober 1941 rollten Deportationszüge aus dem deutschen Reich in den eroberten Osten.
Karoline Plaut starb am 25. Januar 1942 im Alter von 83 Jahren eines natürlichen Todes und entging so der Deportation.
Ihre Tochter Klara wurde am 28. März 1942 abgeholt. Ein Lastwagen brachte sie und andere Juden zuerst nach Hameln und dann ins Sammellager der Gestapo nach Hannover. Am 31. März schließlich brachte sie ein Zug in das völlig überfüllte Warschauer Ghetto. Wer dort die ersten Monate überlebte, wurde seit Sommer 1942 in das Vernichtungslager Treblinka deportiert.
Familie Catzenstein
In der heutigen Alte Heerstraße 17 in Hemmendorf wohnte die Familie Catzenstein.Wir haben Steine für Emilie Catzenstein und ihre Töchter Aenny, Margarete und Elsa verlegt.
Die Familie Catzenstein lebte seit 1867 in Hemmendorf, dieses Haus war 65 Jahre in ihrem Besitz.
Emilie Catzenstein war mit Max Catzenstein, einem Textilhändler, verheiratet und hatte vier Kinder: Arthur, Elsa, Margarete, Aenny.
Nach dem Tod ihres Mannes verpachtete Emilie den Laden und musste das Haus schließlich 1938 unter dem Druck der Nationalsozialisten verkaufen.
Arthur Catzenstein, der 1926 geheiratet hatte, war bereits 1933 mit seiner Frau nach Belgien ausgewandert. Er lebte in Brüssel und arbeitete als Textilkaufmann.
Elsa war eine der Töchter, die sich viel um ihre Mutter in Hemmendorf kümmerte. Sie heiratete einen Waldemar Franz Nonne und bekam einen Sohn namens Michael, der noch die erste und zweite Klasse der Schule in Hemmendorf besuchte. 1933 zog die Familie schließlich nach Frankfurt, Elsas Besuche bei der Mutter wurden seltener.
Margarete zog bereits 1931 nach Berlin und später zu ihrer Schwester Elsa nach Frankfurt.
Aenny, die jüngste, war gelernte Röntgenassistentin, durfte jedoch ab 1936 ihren Beruf nicht mehr ausüben. Auf der Suche nach einem festen Arbeitsplatz lebte sie an rasch wechselnden Orten, ehe sie 1939 Deutschland verließ und ebenfalls nach Brüssel ging.
Emilie gelang ebenfalls die Flucht nach Belgien zu ihrem Sohn Arthur. Emilie, Arthur und Aenny überlebten den Krieg. Emilie starb 1941 im Alter von 80 Jahren eines natürlichen Todes. Arthur und Aenny blieben bis zu ihrem Tod mit ihren jeweiligen Familien in Belgien.
Am 18. März 1942 – unmittelbar vor dem Termin ihrer Deportation – nahm sich Margarete das Leben.
Elsa nahm sich im Mai 1944 das Leben. Es ist wahrscheinlich, dass auch sie damit einer bevorstehenden Deportation entgehen wollte.
Familie Zeckendorf
In der heutigen Alte Heerstraße 8 in Hemmendorf lebte die Familie Zeckendorf. Wir haben Steine für Karl Zeckendorf, seine Frau Frieda und ihre gemeinsame Tochter Hannelore, sowie für Karls Schwestern Margarete, Thekla und Selma verlegt.
Die Familie Zeckendorf lebte über fünf Generationen in Hemmendorf. Schon Karls Eltern Abraham und Laura Zeckendorf betrieben im Ort ein Geschäft mit Textil- und Kolonialwaren. Das fünfte ihrer Kinder, der jüngste Sohn Julius, starb bereits 1916 an Kriegsverletzungen in einem Lazarett.
Karl übernahm das Geschäft der Eltern, heiratete Frieda und 1925 wurde ihre Tochter Hannelore geboren.
Auch die unverheirateten Schwestern Margarete und Thekla lebten mit in diesem Haus.
Selma heiratete Max Grüneberg, den Bruder ihrer Schwägerin Frieda, und lebte mit ihm in Köln.
In der Pogromnacht wurde auch das Geschäft der Familie Zeckendorf Ziel von Anschlägen. Fensterscheiben wurden eingeworfen, Stoffballen sollen auf die Straße geflogen sein.
Bald darauf wurde Karl Zeckendorf festgenommen, in das Amtsgericht Hameln eingeliefert und am nächsten Tag in das Konzentrationslager Buchenwald geschafft. Nur elf Tage nach seiner Einlieferung starb Karl Zeckendorf am 21. November 1938 im KZ Buchenwald.
Das Mädchen Hannelore hatte unter dem NS-Regime viel zu leiden. Nachdem sie auch von anderen Kindern und Bürgern in Hemmendorf drangsaliert worden war, schickte ihre Mutter sie zur Tante Selma nach Köln, in der Hoffnung, dass sie dort zur Schule gehen könne, ohne von Mitschülern beschimpft zu werden.
Frieda Zeckendorf musste ihr Haus 1939 verkaufen. Im April 1941 zog sie schließlich nach Göttingen, wohin dann auch Hannelore kam. Sie wurden dort im „Judenhaus“ untergebracht.
In Hemmendorf zurück geblieben waren Margarete und Thekla Zeckendorf. Beide wurden am 28. März 1942 deportiert und kamen mit dem Transport, zu dem auch Klara Plaut gehörte, über Hameln und Hannover nach Warschau ins Ghetto.
Nach ihrem Abtransport wurde ihr Hausrat in Hemmendorf öffentlich versteigert.
Frieda Zeckendorf und ihre Tochter Hannelore wurden 1942 auch aus Göttingen deportiert – mit demselben Transport wie die Hemmendorfer Juden. Sie dürften sich im Sammellager in Hannover oder spätestens im Warschauer Ghetto wiedergetroffen haben.
Selma Zeckendorf, verheiratete Grüneberg wurde bereits im Oktober 1941 aus Köln in das Ghetto Lodz deportiert. Ihr Tod ist für den 4. Mai 1942 bezeugt.
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