3-Minuten-Kirche am 22. April 2020

Zurzeit gehe ich fast täglich spazieren. Auf meiner Runde durch den Wald komme ich an meinem Lieblingsbaum vorbei. Es ist eine große imposante Buche, die auf schöne Weise verdreht gewachsen ist. Ich bleibe bei ihr stehen, schaue hinauf in den Himmel und lasse meine Gedanken schweifen, horche in mich hinein, spüre meiner Sehnsucht nach.
Sehnsucht. Sehnen und suchen. Doch wonach?
So wie unser Alltag, so hat sich auch unsere Perspektive verändert. Unsere Wünsche und Sehnsüchte sind kleiner geworden – und zugleich größer. Ein Widerspruch in sich? Ich denke nicht.
Vor der Corona-Krise war unser Sehnen ausgerichtet auf den nächsten Urlaub, das nächste Fußballspiel oder Konzert, die nächste Shopping-Tour, das nächste Treffen mit den Freunden, ... Wir hatten viel vor, viel zu tun und manchmal zu viel zu erledigen.
Heute ist unser Sehnen ausgerichtet auf die nächste Umarmung, die nächste echte Begegnung mit Menschen, die wir vermissen, den nächsten Gottesdienst, vielleicht sogar den nächsten Schultag.
Das alles scheinen viel kleinere Dinge zu sein, aber wir ersehnen sie umso schmerzlicher. Denn sie machen unser Leben aus. Wir sehnen uns nach dem ehemals so langweiligen Alltag, den wir vor der Krise mit großem Aufwand aufzupeppen versuchten.
Vorher sehnten wir uns nach dem Extra – heute nach dem Standard. Und das Wegfallen des Standards spüren wir deutlich schmerzlicher, als den Verzicht auf die Extras.
Unsere Perspektive hat sich verändert. Unsere Sehnsucht auch? Wonach sehnen wir uns? Was suchen wir?
In der jetzigen Situation suche ich nach einer Konstanten, nach Sicherheit und Gewissheit, nach etwas, das trägt. Glücklich können sich alle schätzen, die das in ihrem Alltag, ihren Beziehungen, ihrem zuhause finden. Doch nicht nur dort.
„Ich will euer Glück und nicht euer Unglück. Ich habe im Sinn, euch eine Zukunft zu schenken, wie ihr sie erhofft. Ihr werdet mich suchen und werdet mich finden. Denn wenn ihr mich von ganzem Herzen sucht, werde ich mich von euch finden lassen. Das sage ich, der Herr. Ich werde alles wieder zum Guten wenden.“
So verheißt es der Prophet Jeremia einem verzweifelten und hoffnungslosen Volk Israel, während es in Babylonien gefangen ist.
Und stillt damit auch meine Sehnsucht nach Zuspruch und Vergewisserung.
Ich glaube, Sehnsucht weist über unsere irdischen Wünsche hinaus. Lasst uns Gott suchen. Ich glaube, er kann unser Sehnen erfüllen – mehr als jeder Standard und jedes Extra es vermag.
Ihre Diakonin 

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3-Minuten-Kirche am 19. April 2020

Na, die kennen wir doch alle – oder? Pippi Langstrumpf, die freche Göre, erdacht von Astrid Lindgren. Eine ihrer eindrücklichsten Aussagen ist: „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!“
Pippi schenkt das eine große Freiheit, ihr Leben freier von Regeln und Konventionen zu gestalten. Und das macht für Kinder und Erwachsene einen großen Teil des Reizes ihrer Geschichten aus.
„Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!“ Im echten Leben ist das manchmal aber gar nicht lustig und noch weniger hilfreich, sondern gefährlich. Beobachten konnten wir das zuletzt z.B. bei politischen Führern zweier englischsprachiger Länder. Die Welt funktioniert nun mal nicht so, wie ich es gern hätte. Wie verheerend es ist, dennoch nach diesem Motto zu leben und zu handeln, zeigen nicht nur Brexit und amerikanische Außen- und Wirtschaftspolitik. Das zeigt sich gerade jetzt in Corona-Zeiten. Es ist unverantwortlich, so zu agieren.
Ich bin froh und dankbar, wie realtätsnah, wissenschaftlich gut beraten, vorsichtig abwägend die Verantwortlichen in großer Mehrheit in Deutschland agieren. Natürlich können sie nicht alle bedrängenden Probleme lösen. Wie denn auch, wenn z.B. verständliche wirtschaftliche Interessen gegen die Bewahrung von Leben stehen. Da gilt es, verantwortlich abzuwägen. Aber sie versuchen das Bestmögliche. Beten wir für sie und uns, dass Ihnen der Geist und die Kraft gegeben sind, damit ihnen das gelingt. Beten wir für die Länder und Menschen, in denen es deutlich schlechter läuft.
„Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!“ Das war aber nicht nur das Motto von Politik in manchen Bereichen, sondern ist mehr und mehr zur Grundmelodie des Lebens geworden. Ich suche mir aus dem großen Supermarkt der Lebens-Möglichkeiten aus, was mir gefällt. Und dann gehe ich meinen Weg, egal, was das für andere bedeutet. Diese Tendenz ist immer stärker geworden. Selbst jetzt noch, in Zeiten der Bedrohung durch Corona für Gesundheit und wirtschaftliches Überleben Vieler, versuchen Menschen für sich Gewinn zu herauszuschlagen. Wehe Ihnen!
Gott sei Dank ganz es auch viel anderes. Das sehe ich schon schon beim Einkaufen: Menschen achten aufeinander, halten fürsorglich die Abstände ein. Sie drängeln sich nicht vor am Tresen, an der Kasse. Und wir merken: Diese Achtsamkeit, das einander wahrnehmen, aufeinander achten, tut uns allen gut. Dazu: Viele menschenfreundliche Projekte entstehen in diesen so anderen Tagen. Aktionen, die danach fragen, was anderen helfen würde und es dann konkret umsetzen. Ich finde bei allem Bedrückenden beglückend, was da geschieht.
Und ich erlebe an mir selbst, dass ich in diesen Tagen, wo das Hamsterrad notgedrungen gebremst ist, die Natur intensiver wahrnehme, die Vögel am Futterhaus, die Pflanzen.
Wenn wir lernten, nicht nur miteinander, sondern zugleich auch mit der Natur, den Mitgeschöpfen achtsamer umzugehen, uns wieder stärker als Teil von ihr zu empfinden ...
Herzlich grüßt und seien Sie behütet - Ihr Pastor 

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3-Minuten-Kirche am 12. April 2020

Was ist Ostern?
Ein Kind würde wohl sagen: „Ostern ist ein Tag, an dem wir im Garten nach Schoko-Eiern suchen.“
Ein Historiker würde wohl sagen: „Ostern ist ein Ereignis, das vor gut 2000 Jahren in Jerusalem stattgefunden haben soll.“
Ein Theologe würde wohl sagen: „Ostern ist der höchste Feiertag im Kirchenjahr.“
Recht haben sie ja alle. Aber für mich ist Ostern auch etwas Anderes. Für mich ist Ostern eine Haltung, eine Einstellung zum Leben - und zum Tod. Die Freunde von Jesus waren die Ersten, die mit dieser neuen Einstellung gelebt haben. Nachdem sie drei Tage lang traurig und verzweifelt waren, haben sie gespürt: das Leben geht weiter. Und es geht nicht nur irgendwie weiter, sondern weiter mit Gott. Es war so, als wäre Jesus gar nicht gestorben!
Das ist die Ostererfahrung: Das Leben geht weiter, und zwar mit Gott. Ostern bedeutet: Selbst der Tod kann das Leben nicht besiegen. Das Leben ist stärker als der Tod.
Denn es ist die Liebe Gottes, die das Leben hervorgebracht hat. Und es ist die Liebe Gottes, die das Leben erhält. Jeden Tag, jede Stunde, jeden Augenblick. Die Liebe Gottes ist die Kraft des Lebens, die Kraft, die das gesamte Leben durchströmt. Und das gilt auch in den schweren Zeiten und dunklen Stunden.
Das ist Ostern: Die Gewissheit, dass Gottes Liebe das Leben auch durch das finstere Tal führen wird, wie es im Psalm 23 heißt. Ostern ist die Zuversicht, dass am Ende die grüne Aue und das frische Wasser stehen werden.
Paulus formuliert die Osterhoffnung so: „Ich bin ganz sicher, dass uns nichts von der Liebe Gottes trennen kann: weder Tod noch Leben, weder Engel noch Dämonen noch andere gottfeindliche Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Himmel noch Hölle. Nichts in der ganzen Welt kann uns jemals trennen von der Liebe Gottes, die uns verbürgt ist in Jesus Christus, unserem Herrn.“
Ostern ist die Zuversicht, dass das gesamte Leben unter dem Segen und der Liebe Gottes steht. Ostern ist das Vertrauen darauf, dass die Liebe Gottes das Leben trägt.
Ostern ist die Gewissheit, dass die Liebe Gottes die größte Kraft ist, die es gibt.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen auch unter diesen alles andere als fröhlichen Zeiten, frohe und gesegnete Ostern!
Ihr 

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3-Minuten-Kirche am 15. April 2020
Meine Tochter Lea hat in der letzten Woche Schatzsuche gespielt. Erst draußen und dann drinnen mussten viele Aufgaben gelöst und Gefahren überstanden werden, die sie sich selbst ausgedacht hatte, um den Schatz zu finden. Was da so alles getan werden musste erzählte sie mir sehr ausführlich. Ich war dann sehr neugierig und gespannt zu erfahren, wie der Schatz aussieht, den sie sucht. Es war keine Schatzkiste, sondern eine kleine Tasche. Es war auch kein Geld darin oder Edelsteine, sondern Dinge, die ihr wichtig sind, unter anderem dieser Engel:

Ein Schatz muss eben nicht aus Geld und Gold bestehen. Oft sind es kleine Dinge, die wertvoll sind, uns im täglichen Leben begleiten und so für uns zu einem wertvollen Schatz werden.
Ich denke, es gibt in dieser Zeit ganz viele Engel. Es sind Menschen, die für andere einkaufen gehen, nach dem Rechten sehen oder mit einem kleinen Gruß an andere denken und ihnen eine Freude machen.
Für mich ist das gerade ein ganz großer Schatz.
In der Ostergeschichte, die Matthäus uns erzählt, spielt auch ein Engel eine wichtige Rolle. Er ist es, der den Frauen vor dem leeren Grab am Ostermorgen sagt: „Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat.“
Dieses Jahr war Ostern anders als sonst. Keine gemeinsamen Gottesdienste. Dafür wurde die Botschaft von der Auferstehung Jesu anders und ganz vielfältig weitergesagt. Mit Osterlichtern, Ostergrüßen, Liedern, Gebeten und auch mit zum stillen Gebet offenen Kirchen. Ein Funken Hoffnung in dieser dunklen Zeit, in der wir alle geduldig abwarten müssen, wie es weitergeht.
Ich wünsche Ihnen allen einen Engel an der Seite, der dann, wenn es nötig ist, sagt: „Fürchte dich nicht! Du bist nicht allein. Es gibt Hoffnung trotz allem. Weil es Ostern gibt.“
Ihre 

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3-Minuten-Kirche am 08. April 2020
Dieser Stein steht normalerweise in meinem Arbeitszimmer im Regal. Eine Erinnerung an unsere Fahrt mit den Hauptkonfirmandinnen und Hauptkonfirmanden im Februar dieses Jahres auf dem Wohldenberg. Wir haben uns in diesen Tagen intensiv mit dem Thema Abendmahl beschäftigt und zum Abschluss gemeinsam einen von allen in unterschiedlichen Gruppen vorbereiteten Abendmahlsgottesdienst gefeiert. Im Gottesdienst gab es von einer der Vorbereitungsgruppen für jeden und jede einen Stein mit Bildern und Symbolen zum Thema.
Morgen ist Gründonnerstag. Normalerweise feiern wir an diesem Tag einen Abendmahlsgottesdienst und erinnern uns an das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern. In diesem Jahr feiern wir keine Abendmahlsgottesdienste am Gründonnerstag oder Karfreitag. Das wird nicht nur mir fehlen.
Dieser von Konfirmandinnen und Konfirmanden gestaltete Stein erinnert mich umso mehr an die Botschaft dieser Tage: Christus, der sagt: „Dies ist mein Leib, der für Euch gegeben wird. Dies ist mein Blut, das für Euch vergossen wird.“ Daran sollen wir uns immer wieder erinnern. Jesu Worte werden am Karfreitag Wirklichkeit. Dafür steht das Kreuz. Er gibt sein Leben, um uns unsere Schuld abzunehmen. All das, was zwischen uns und anderen Menschen, aber auch zwischen uns und Gott steht.
Das Kreuz erinnert mich auch daran, dass es jemanden gibt, bei dem ich meine Sorgen und Ängste lassen kann. Jemand, der Leid, Krankheit, Trauer und Tod genauso kennt wie Freudenfeste. Gerade in dieser Zeit tut es mir gut, mich daran zu erinnern, dass ich mit meinen Sorgen und Ängsten nicht allein bin.
Abendmahl und alles Leben in einer christlichen Gemeinde lebt von der Gemeinschaft mit anderen, Gemeinschaft, die im Moment nur aus der Ferne möglich ist. Doch auch aus dieser Ferne dürfen wir uns am Karfreitag, wenn um 15.00 Uhr die Totenglocke läutet, an das Sterben Jesu und seine damit verbundene Zusage erinnern lassen.
Mögen Sie hoffnungsvoll durch diese Zeit gehen.
Ihre

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