3-Minuten-Kirche am 10. Mai 2020

Ab diesem Sonntag dürfen wieder Gottesdienste stattfinden. Natürlich unter sehr speziellen Bedingungen. Eine Vorgabe besagt, dass in den Gottesdiensten nicht gesungen werden soll. Angesichts dieser Bestimmung entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass im Gottesdienst am zehnten Mai gerade das Singen im Mittelpunkt stehen sollte. Der vierte Sonntag nach Ostern trägt den Namen „Kantate“, was auf deutsch „singt!“ bedeutet. Die Texte des Gottesdienstes und auch die Predigt drehen sich an diesem Sonntag klassischerweise um das Singen.
Dass einmal im Jahr das Singen im Mittelpunkt eines Gottesdienstes steht, liegt daran, dass Menschen in Liedern all ihre Gefühle ausdrücken können. All das, was Menschen bewegt und antreibt, kann in der Musik einen Ausdruck finden. Insofern kann Musik ein Spiegelbild des menschlichen Lebens sein.
Aber noch in einer anderen Hinsicht haben ein Lied und das menschliche Leben etwas gemeinsam: Sie sind zusammengesetzt aus einzelnen Elementen. Bei einem Lied sind das die Strophen und im Leben sind es die Lebensabschnitte oder -phasen.
Das Lebenslied von wohl allen Menschen ist momentan vom Corona-Virus geprägt. Kaum ein Tag vergeht, an dem wir nicht daran erinnert werden, dass wir in einer Ausnahme-Situation leben. Auch wenn mittlerweile die teilweise Lockerung ein Stück weit Normalität zurückgebracht hat, schlägt das Leben gerade dennoch in einem anderen Takt als noch vor ein paar Wochen. Corona macht unser Lebenslied schwerer. Es lebt sich gerade nicht so unbeschwert wie sonst.
Doch jede Strophe hat irgendwann ein Ende. Und dann werden ganz gewiss auch wieder Strophen folgen, die wir mit mehr Freude und Begeisterung singen können. Und dann können wir endlich wieder zusammen im Gottesdienst Lieder singen. Wie zum Beispiel dieses hier:
„Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Die Töne den Klang hast du mir gegeben
von Zeichen der Hoffnung auf steinigen Wegen
du Zukunft des Lebens. Dir sing ich mein Lied.“
(Lied: Ich sing dir mein Lied - Text: Fritz Baltruweit und Barbara Hustedt)
Bis es soweit ist, müssen wir mit den Einschränkungen leben - und Gottesdienste feiern. Ich freue mich dennoch darüber, dass jetzt auch in der Kirche wieder ein Stück weit der Alltag zurückkehrt.
Ihr

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3-Minuten-Kirche am 06. Mai 2020

Unsere Gartenhütte hat einen offenen, nur überdachten Teil. Dort steht die alte Werkbank meines Vaters gefüllt mit Blumentöpfen, Rosenscheren, Bindedraht und Tonscherben. Davor stehen Säcke mit Gartenerde und Gießkannen. An der Wand daneben, zum geschlossenen Teil der Hütte, hängen auf großen Winkeln unsere klappbaren Gartenstühle und
-tische. In den letzten Jahren hat darauf regelmäßig ein Amselpärchen gebrütet. Wir haben uns jedes Mal gefreut und sie bei der Aufzucht ihrer Jungen beobachtet. Im Laufe der Jahre hat sich sogar unsere Katze mit ihnen auf eine friedliche Koexistenz im Garten geeinigt. Auch unsere Sorge, sie zu verschrecken, wenn wir Dinge aus der Werkbank suchen, hat sich nie bestätigt.
Aber einen Haken hatte die Sache: Wir kamen nicht vor Ende Mai an unsere Gartenmöbel.
Letztes Jahr haben wir darum ein schmales Brett über den tragenden Winkeln angebracht. Der Plan ging auf. Die Amseln bauten ihr Nest auf das Brett, brüteten trotz unserer Gartenumtriebigkeit und wir kamen jederzeit an Tische und Stühle. Perfekt! Weil uns das abgenutzte Nest nicht mehr im Weg war, ist es dort auch über die Brutzeit hinaus bis in dieses Frühjahr geblieben. Sehr zum Missfallen der Amseln. Die flogen oft unter die Hütte und unverrichteter Dinge wieder hinaus. Viel zu spät kamen wir auf die Idee, das alte Nest zu entfernen und Platz für ein neues zu bieten. Wie schön, dass die Amseln prompt zurückkamen. Merkwürdigerweise blieb das Brett über den Möbeln trotzdem leer. Endlich bemerkten wir, dass die Amseln ihr Nest nun in einem leeren Blumentopf auf dem obersten Regalbrett über der Werkbank gebaut hatten. Damit sind sie unserem Werkeln noch näher gekommen, doch das scheint sie nicht zu stören. Und die Katze, die das Nest nun problemlos erreichen könnte, hält sich auch an den Friedensvertrag der letzten Jahre.
Neben meiner Freude über die neue Brut, die in unserem Garten herangezogen wird, bin ich auch hoch beeindruckt von dem Pragmatismus und der Gelassenheit der Amseln. Wie viele Gedanken, Sorgen, Pläne und Vorrichtungen auch immer wir in die Vögel investiert haben - letztlich ist das egal. Die Amseln brüten. Wenn nicht hier, dann dort. Wenn nicht gleich zu Beginn des Frühjahres, dann eben später. Sie finden einen Platz für ihr Nest, legen Eier, brüten, füttern und fliegen wieder los in eine ungewisse Zukunft.
Ein Satz aus der Bergpredigt kommt mir in den Sinn. „Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?“ (Mt. 6, 26)
Ich wünsche mir und Ihnen die Gelassenheit und die Zuversicht der Vögel, in die kommende Zeit zu gehen.
Wir sind von Gott behütet!
Ihre Diakonin 



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3-Minuten-Kirche am 03. Mai 2020

Eigentlich würden wir jetzt Konfirmationen in unseren Gemeinden haben. Würden wir anschließend in großen Familienfeiern das „Ja“ der Jugendlichen zu ihrer Taufe, zu einem Leben als Kinder Gottes, gemeinsam festlich begehen. Aber derzeit sind nicht einmal kleine Gottesdienste möglich, geschweige denn große Festgottesdienste. Gerade, weil uns die Familien, die Mitmenschen lieb und wert sind – wie wir jetzt umso schmerzlicher spüren- , können wir uns um der Gesundheit aller Willen, nicht treffen, nicht zusammen feiern.
Worauf die Konfirmanden und Konfirmandinnen und ihre Familien jetzt verzichten müssen, das ist der festliche Abschluss der Konfirmandenzeit. Alles andere, was sich mit diesem besonderen Tag verbindet, ist von der Verschiebung - auf derzeit leider unbestimmte Zeit-, aber nicht betroffen. Denn die jungen Menschen haben sich vorbereitet auf diesen Schritt und sie sind es auch. Und das, was sich mit diesem Schritt verbindet, können sie, können wir alle mit ihnen jeden Tag, jeden Moment neu Wirklichkeit werden lassen und erleben; nämlich, als Gottes Kinder zu leben und zu handeln. Denn auch ein Brautpaar, das seine Hochzeit in diesen Tagen nicht wie geplant festlich begehen konnte, kann doch trotzdem genauso als liebevoll verbundenes Paar miteinander leben. Nur feiern konnte es das gerade jetzt leider nicht.
Was das für die Konfirmation und ein Leben als Christ bedeutet?
Nun, wie sagte mir ein junger Mann dieser Tage, der neben Corona auch persönlich durch sehr bewegte und unsichere Zeiten geht? „Ich vertraue mich, mein Leben und alles, was da kommt, Gott an. Der wird es am Ende gut mit mir machen! Auch, wenn manches anders kommt, als ich es mir gewünscht hatte. Das habe ich immer wieder erlebt.“ Und so geht er unerschrocken und zupackend selbst durch diese Zeit.
Um das öffentliche „Ja“ der Jugendlichen zu einem Leben mit Gott, geht es bei der Konfirmation. Das wäre allemal Anlass zu einem richtigen Fest. Aber - und auch das ist wie bei einer Hochzeit -, in erster Linie kommt es darauf an, dieses „Ja“ im Alltag ganz praktisch und konkret zu leben. Sonst ist die schönste Feier vorher letztlich wirkungslos, ja ohne Bedeutung. Diese „Ja“ leben, also im Vertrauen auf Gott, Kraft und Zuversicht fürs Leben finden, und aus dem Hören auf sein Wort und seine Liebe, Wegweisung für ein zupackendes und hilfreiches Leben - was immer da auch kommt- darum geht es. Und das können unsere jungen Mitchristen, können wir gemeinsam mit ihnen tun, jeden Tag, jeden Moment des Lebens. Auf dass das Licht der Nähe Gottes in unser eigenes Leben und damit gerade in dunklen Zeiten in unser Miteinander, in diese Welt fällt.
Und was ist mit dem schönen Fest, an dem wir feiern, was uns von Gott geschenkt ist und dass dieser uns vertraute junge Mensch dieses Geschenk, Kind Gottes zu sein, annimmt? Nun, das werden wir nachholen. Das werden wir dann so richtig feiern, wenn alle, die wir lieben und schätzen, gefahrlos mit dabei sein können. Nein, wir wollen die oft schmerzlich vermisste Nähe und Gemeinschaft lieber richtig und dauerhaft wiederhaben. Dann, wenn die Gefahr vorüber ist. Und nicht jetzt möglichst bald erzwingen, aber dann mit dem Risiko, gerade dadurch Menschen zu verlieren, die uns lieb und wert sind. Das gilt gerade übrigens nicht nur für Konfirmationen, sondern genauso für andere Begegnungen unter Freunden und in Familien.
Seien Sie alle, seid insbesondere ihr Konfirmandinnen und Konfirmanden herzlich gegrüßt in der Gemeinschaft der Kinder Gottes. Also jener Menschen, die aus dem Vertrauen auf Gott Kraft schöpfen und im Hören auf Gottes Wort und Liebe das Leben finden, was immer auch sonst geschehen mag.
Ihr und Euer Pastor 

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3-Minuten-Kirche am 29. April 2020

Eine Schnecke braucht viel Geduld und Ausdauer, um von einem Ort zum anderen zu kommen, weil sie ja bekanntlich nur langsam voran kommt.
Mit der Geduld ist das für uns Menschen nicht immer so einfach. Das merke ich gerade an mir selbst. Ich würde gerne wieder gesund werden, weiß aber, dass das noch etwas dauern wird und noch Geduld und Abwarten erfordert. Das fällt mir manchmal schwer.
Gerade jetzt wird unsere Geduld sehr auf die Probe gestellt. Viele Menschen sehnen sich nach Lockerungen der nötigen Vorschriften und Maßnahmen. Das wird an den täglichen Diskussionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft spürbar. Den einen kann es nicht schnell genug gehen, die anderen mahnen weiter zur Vorsicht, zur Geduld und zum Durchhalten. Denn eins ist klar: Der Corona-Virus wird uns noch lange Zeit begleiten und unser bisher gewohntes Leben verändern und uns an einigen Stellen einschränken.
Das braucht die Geduld und die Ausdauer einer Schnecke, gerade dann wenn es nur langsam voran geht.
Der Apostel Paulus kannte ähnliche Situationen und hat der Gemeinde in Rom dazu den Rat gegeben: „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.“
Fröhliche Hoffnung und beharrliches Gebet helfen mir, wenn es mir wieder einmal schwer fällt, geduldig zu bleiben. Vielleicht hilft es Ihnen auch.
In diesem Sinne: bleiben Sie fröhlich und vor allem geduldig!
Ihre 

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3-Minuten Kirche am 26. April 2020

Der Herr ist mein Hirte ...
In den letzten Wochen war in den Nachrichten häufiger die Rede von der „Herdenimmunität“. Ich finde diesen Begriff interessant, weil damit in gewisser Weise ein altes biblisches Bild aufgenommen wird. Wenn Wissenschaftler die Menschen einer Gesellschaft als Herde bezeichnen, sind sie damit in einer gewissen Nähe zu biblischen Texten wie Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirte“ … und wir Menschen sind seine Herde.
Im Zusammenhang mit Infektionskrankheiten bringt der Begriff „Herdenimmunität“ eine uralte Einsicht zum Ausdruck, nämlich dass wir Menschen eine Einheit sind. Ist ein Teil krank, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch andere Teile betroffen sind. Diesen Umstand haben wir ja in der letzten Zeit auf dramatische Weise vor Augen geführt bekommen. Umgekehrt zeigt das Prinzip der „Herdenimmunität“: Wenn genügend Mitglieder immun sind, sind auch die Anderen vor der Krankheit geschützt und werden nicht krank.
„Herdenimmunität“ als wissenschaftliches Phänomen beschreibt, was grundsätzlich für uns Menschen gilt: Wir sind eine Einheit. Eine Einheit, die aus vielen Teilen besteht. So wie auch eine Schafherde aus vielen einzelnen Schafen besteht. Und so wie eine Schafherde immer gemeinsam denselben Weg geht, so ziehen auch wir Menschen gerade gemeinsam durch dasselbe finstere Tal.
So macht diese Pandemie deutlich, dass uns letztlich nichts unterscheidet von all den Menschen, die über die Erde verteilt leben. Sie sind genauso betroffen von der Krankheit wie wir, wenn nicht sogar noch mehr. Sie haben die gleichen Ängste und Nöte wie wir. Ihr Leben ist durch das Corona-Virus genauso betroffen wie unseres.
So schrecklich das Ereignis und die Folgen auch sind, so wird doch auf besondere Weise deutlich, dass wir Menschen unauflöslich miteinander verbunden sind. Wir erkennen ganz unmittelbar: Wir sind eine Einheit. All die Grenzen, die wir ziehen, haben letztlich keine Bedeutung. Denn es gibt etwas, das uns auf einer viel tieferen Ebene miteinander verbindet: Wir Menschen sind von Gott her eine Einheit; wir sind seine Kinder.
Ich habe die Hoffnung, dass das Corona-Virus neben den verheerenden Folgen auch etwas Gutes mit sich bringt; nämlich ein neu erwachtes Gefühl der Einheit und Verbundenheit.
Ich vertraue jedenfalls ganz fest darauf, dass Gott seine Menschenherde auch durch dieses dunkle Tal führen wird.
Ihr 

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